"Im Bierzelt sind die Menschen so, wie sie wirklich sind!"

Simon Traub, alias "Wadl Symen"

Die Krüge hoch! Hinter den Kulissen der Bierzeltkultur 

Einblicke in das Volksfest-Business und in die Welt der reisenden Bierzeltgastronomie. Erfahrungen aus dem Arbeitsleben eines Profikellners, Insider-Tipps und Tricks für den erfolgreichen Einstieg als Kellner und Bedienung im Bierzelt und Geschichten und kernige Sprüche aus dem Bierzelt werden Ihnen mit Witz und Charme "serviert".

Leseprobe - Die Krüge hoch! Hinter den Kulissen der Bierzeltkultur

Seite 171 bis 173

Die Welt der Bierzelte - vor dem Fest und ums Zelt herum

Auf kleinen Kirchweihen, Kirmes und Kärwas, den größeren Dulten und Volksfesten, am riesigen Oktoberfest kommen Menschen zusammen. Sie feiern, trinken und vergessen ihre Alltagswelt und tauchen für kurze Zeit in eine spannende, genussvolle Festwelt ein. Das Fest ist ein Treffpunkt aller Generationen und verspricht ein Spaß für die ganze Familie zu sein. Bei Livemusik amüsiert man sich köstlich. Nach dem Erleben-Genießen-Erkunden-Prinzip bieten Volksfeste auch die fünfte Jahreszeit genannt - eine Auszeit vom Alltag. Nette Leute, gemütliches Beisammensein, gute Stimmung, leckeres Essen und eine frische kühle Mass - was will man mehr?

Doch bevor es für die Gäste in den Volksfest-Urlaub geht, muss hinter den Kulissen zuerst kräftig angepackt werden. Bierzele werden errichtet, Bretter verlegt, Tische und Bänke ausgerichtet. Bei all diesen Aufgaben beteiligen sich diejenigen, die Ihnen später auch Ihr frisch gezapftes Bier servieren. Wir Bedienungen sorgen dafür, dass im Bierzelt alle glücklich, satt und bierselig sind - und natürlich auch für die Sauberkeit im Bierzeltinneren. Bevor die Gäste kommen, kaufen wir Bierzeichen oder Limozeichen im Büro. Diese Zeichen sind meistens Chips oder Papiergutscheine und auf der Vorderseite ist zu erkennen, für welches Getränk der Chip steht. Im Büro kauft man die Chips zum Einkaufspreis; für Bier zu beispielsweise je sechs Euro. Auch während des Festes kann man jederzeit Chips nachkaufen und sich Wechselgeld holen. Vor allem abends, wenn die Musik in voller Lautstärke spielt und man kein Wort versteht, benötigt man viel Wechselgeld. Die Bierzeichenkasse wird nur von engen Vertrauten des Chefs oder dessen Familienangehörigen betrieben. Da geht es um absolutes Vertrauen, weil eine Menge Geld im Spiel ist. Stellen Sie sich vor, Sie laufen raus zu den Gästen, dann bestellen diese bei Ihnen mehrere Massen für jeweils 6,40 EUR. Die 40 Cent entsprechen dem Bedienungsgeld, dass heißt Ihr Anteil am Verkauf. Dann laufen Sie zum Bock, fachsprachlich für Theke, legen den Mitarbeitern am Ausschank die Bierzeichen hin und bekommen dafür die Mass. Grundsätzlich gibt es Bierzeichen, bei denen das Bedienungsgeld für Sie als Kellner schon inbegriffen ist sowie Bierzeichen ohne Bedienungsgeld. Im Zweifel liegt es dann im Ermessen des Gastes, wie viel ihm Ihre Arbeit als Kellner wert ist. Dazu kommt noch das Trinkgeld.

Mein Tipp: Da Bier sehr viel getrunken wird, bereits vor Festbeginn immer gleich mehr Bierzeichen kaufen, zum Beispiel 100 Stück.

Es gibt auch Festwirte, die mit einem Bon-Kassensystem arbeiten, da kaufen Sie keine Biermarken im Voraus. Das funktioniert dann so wie im Restaurantsystem: Dem Kontrolleur neben dem Ausschank zeigen Sie die Masskrüge und er überprüft, ob diese gleichwertig für die Bierzeichen sind. Wenn es passt, dürfen Sie gehen. Abends müssen alle Krüge zum Spülen wieder an den Bock gestellt werden. Natürlich sollte man auch, wenn leere Krüge herumstehen, diese mitnehmen und spülen lassen. Außerdem ist eine Kellner-Regel unbedingt zu beachten: Nie mit leeren Händen zurückgehen! Selbstverständlich muss das Zelt am Tagesende gekehrt werden. Dies übernehmen in der Regel nicht die Servicekräfte, sondern die Ausschankhilfen. Das heißt, ein bisschen eher Feierabend für uns Kellner. Professionelle Volksfestkellner und Bedienungen sind wahre Multitalente und stets auch selbst Abendteurer. Reiselustig, offen gegenüber Neuem, bereit an allen Orten des eigene Zelt aufzuschlagen, um es nach spätestens zwei Wochen wieder abzubauen. Manchmal fühlt es sich dennoch an, wie wenn man nach Hause kommt. Zum Beispiel dann, wenn einer von den Gästen mich als Kellner wiedererkennt: Als ich auf einer Berliner Messe an einem der Tische gerade die Teller abräumte, sprach mich ein Ehepaar an. Sie hatten mich wiedererkannt, freuten mich zu sehen. Sie erzählen mir, ich hätte Sie bereits während der Künstlerinnentage in Ingolstadt auf dem Schiff bedient. Doch nicht nur das, auch auf dem Sommerfest in Hersbruck waren wir drei zur gleichen Zeit und ebenso auf dem Münchner Oktoberfest sei ich an ihrem Tisch gewesen. Ein großer, schöner Zufall. Eine Bestätigung, das Richtige zu tun.

Bretter, die die Welt bedeuten - wie ein Bierzelt entsteht

Ein lohnendes Vorhaben und was wir dafür benötigen: Einen guten Festwirt, einen Zeltmeister, einen verfügbaren Festplatz für das Zelt, Bedienungen (weiblich) und Kellner (männlich), eine gute Küche usw. Einen Festplatz haben die meisten Städte, Kleinstädte oder Dörfer. Der Zeltmeister hat die Befugnis und das nötige Know-how Bierzelte aufzubaune. Denn das Zelt muss zuerst einmal sicher stehen. Es gibt nach dem Aufbau des Zeltes sogar eine offizielle Abnahme durch die Stadt. Im so genannten Zeltbuch wird jede Abnahme vermerkt. Außerdem wir darin der TÜV für das Zelt vermerkt, der für jeweils drei Jahre gültig ist. Das Zeltbuch bleibt immer beim Zeltbesitzer. In der Regel ist ein 2000-3000 Mann Zelt in drei bis vier Tagen aufgebaut und in zwei Tagen wieder abgebaut. Innen bestuhlen es dann die Bedienungen einen Tag vor Eröffnung, inklusive der Boxen- wie der Brauerei- oder Hausbox. beim Ein- und Ausstuhlen gibt es drei Varianten: Entweder muss ein- und ausgestuhlt werden oder nur ein-oder ausgestuhlt werden. Auf den ganz großen Festen wie dem Oktoberfest wird dafür üblicher Weise ein Dienstleister bezahlt; das hängt vom...

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