"Wie viele Maßkrüge können Sie denn auf einmal schleppen? Mein Rekord liegt bei 14"
 

Maßkrug-Pinkler und Corona-Schock

Bierzeltkellner Simon Traub hat einen Ratgeber für die Branche neu aufgelegt. Man sieht sich beim Burgfest!

Zur Person

Simon Traub alias „Wadl Symen“, 52, ist gelernter Elektriker, ehemaliger Bundeswehrangehöriger und reisender Kellner mit Leib und Seele seit 25 Jahren. Während der Corona-Pandemie hat er sein hauptberufliches Standbein allerdings verlagert und arbeitet nun für einen Medizintechnik-Vertrieb. Trotzdem hängt er an der Volksfestkultur, über die er einen Ratgeber verfasst und jetzt neu aufgelegt hat – für all jene, die professionell in die Bierzeltkellnerei einsteigen möchten. Und für sonstige Neugierige. Wadl Symen. „Die Krüge hoch! Hinter den Kulissen der Bierzeltkultur.“

Landkreis Roth, Schwabach – Simon Traub alias „Wadl Symen“ hat einiges zu erzählen. 25 Jahre war er als reisender Kellner in den Bierzelten der Nation unterwegs. Seine Erfahrungen gibt es jetzt als Buch-Neuauflage.

Normalerweise frage ich Männer ja nicht gleich nach dem Umfang ihrer Waden – aber bei Ihnen tu ich’s, Herr Traub alias „Wadl Symen“! – Ich kann Ihnen nur sagen, dass meine Wad’ln einen beachtlichen Umfang aufweisen und ziemlich straff sind. Ähnliches gilt für die Oberarme. Nachgemessen hab ich allerdings noch nix.

Wie viele Maßkrüge können Sie denn auf einmal schleppen? – Mein Rekord liegt bei 14 – das ist dann Show genug. Sieben in jeder Hand, also jeweils um die 14 Kilogramm, das machst du nicht den ganzen Tag...

Trotzdem beachtlich! Auch wenn’s ein paar Kilos weniger sind, werden Sie nach der Plackerei vermutlich erledigt sein... – Ist schon anstrengend, wenn man zwölf Stunden so durcharbeitet.

Und dennoch wollen Sie uns den Beruf des Profikellners mit Ihrem neuen Buch schmackhaft machen... – Tatsächlich gibt es einen Mehrwert: Das ist der Spaß, mit Menschen zu tun zu haben! Im Bierzelt sind die nämlich echt, ohne Allüren.

An wen richtet sich Ihr Ratgeber in erster Linie? – An alle, die mit der Kellnerei anfangen wollen. Aber auch für die Festgäste ist es sicher spannend, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.

Weil Sie Betriebsgeheimnisse verraten?! – Ich hab mir zum Beispiel nach der Lektüre gemerkt: Wenn der Kellner länger in seiner Geldtasche kruscht, dann setzt er darauf, dass der Gast am Ende sagt: Bassd scho. – Das ist doch kein Verrat, sondern eine logische Konsequenz: Weil’s den Leuten in der Regel pressiert, haben sie meistens auch keine Geduld – und runden schnell auf ... (lacht)

An wie vielen Monaten im Jahr ist man als reisende Bedienung unterwegs? – Man könnte quasi durcharbeiten – von der Grünen Woche in Berlin, die im Januar beginnt, bis zu den Weihnachtsmärkten im Dezember. Aber die meisten von uns machen zwischen November und Februar eine Pause. Denn Ende März geht’s schon wieder los mit den Frühlingsfesten und die Herbstfeste ziehen sich bis in den Oktober.

Finanziell rentabel? – Na freilich! Zumindest, wenn man’s richtig macht. Dazu gehört einiger Behördenkram, weil man sich mit jeder neuen Stelle beim Arbeitsamt an- und abmelden muss. Ist halt Gewöhnungssache. Wir sind nämlich für die Dauer einer jeden Festivität beim Festwirt gemeldet. Manche versichern sich auch selber, weil sie den Formularsalat hassen, doch damit zahlen sie oft drauf. Entsprechende Praxis-Tipps kann man im Buch finden.

Eignet sich jede Person zur Kellnerei? Mit anderen Worten: Was für ein Typ muss man sein? – Ich sag’s Ihnen ehrlich: Die Branche nimmt gerade jede und jeden! Aber eine gute Bedienung ist man nicht automatisch. Da braucht’s schon ein Gespür dafür, was ein Gast will. Das ist eine Gabe. Die eine checkt’s, der andere nicht.

Sehen Sie sich mehr als Seelsorger oder Entertainer? – Beides ist gefragt. Ich rede gerne mit Leuten und weiß, dass viele ihre Probleme haben. Da ist zum Beispiel der ältere Herr, dem die Frau gestorben ist. Der will seine Seele erleichtern und gleichzeitig ein bisschen lachen. Da musst du Fingerspitzengefühl an den Tag legen. Auch dann, wenn derselbe Herr im Jahr darauf mit einer neuen Dame an seiner Seite in deinem Servicebereich sitzt...

Der Pandemie haben Sie ein relativ großes Kapitel gewidmet. Traumatisiert? – Das war echt ein Schock! Wir bekommen unsere Verträge in der Regel ein Jahr im Voraus, doch während Corona hingen wir alle in der Luft. Planungssicherheit gab’s da nicht. Manche hat das finanziell das Genick gebrochen, andere haben sich vorher schon in alternative Branchen gerettet. So wie ich. Seit 2020 kellnere ich nur noch nebenberuflich. Im Haupterwerb beliefere ich jetzt Kliniken mit medizintechnischem Gerät. Wenn ich allerdings ehrlich sein soll: Mir fehlt der Festzeltbetrieb! Doch irgendwie habe ich seit Covid die Hosen voll, wieder ganz einzusteigen.

Fragen wir nach etwas Schönerem: Ihr kuriosestes Erlebnis? – Ach Gott! Auf der Wies’n zum Beispiel, da passiert ständig was – gerade zu späterer Stunde. Ob einer in den Maßkrug pinkelt, weil die Toilettenschlange so lang ist oder ob zwei Verliebte nicht mehr an sich halten können und hinterm Zelt... Man erlebt wirklich einiges – und schweigt meistens darüber wie ein Beichtvater.

Haben Sie eigentlich ein Lieblingsfest? – Ich war ja schon überall: Nockherberg, Erlanger Bergkirchweih, Düsseldorfer Rheinkirmes, Münchner Wies’n, Grüne Woche in Berlin, Regensburger Dult... Als sehr gut organisierte Veranstaltung hat sich mir dabei immer das Oktoberfest in Mannheim eingeprägt. Außerdem mag ich die kleinen Feste. Zu meinen persönlichen Highlights gehört das Hilpoltsteiner Burgfest, wo ich seit über 20 Jahren bediene. Da geht was. Die Leute sind nett, man verdient gut und hat Spaß. So muss es sein!

Na dann, bis zum Burgfest! – Ja, wir sehen uns!

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